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KONZERTBERICHTE

LIVING IN THE PAST in der Traube Durlach                          5.11.2000

Zu einer musikalischen Zeitreise in die 60er und 70er Jahre lud die Band „Living In The Past." Vor drei Jahren trafen sich das Urgestein der Karlsruher Rockszene, Frieder Nagel, und der aus Kaiserslautern stammende Rhythm´n Blues Pianist, Knut Maurer, und gründeten diese Band.
Die Zeitreise begann pünktlich, für manche Besucher zu pünktlich. Offenbar sind die Karlsruher etwas später unterwegs und so füllte sich das Lokal erst gegen Ende des ersten Sets so richtig. Dabei hatten sie schon viele musikalische Leckerbissen verpasst,
zum Beispiel eine Bearbeitung eines Stückes von Jethro Tull im rhythmisch interessanten 5/4 Takt oder die unter die Haut gehende Version eines Songs von Mott The Hoople, in der der Kontrast der beiden Gesangsstimmen von Frieder Nagel und Knut Maurer gut herauskam. Die Reibeisenstimme von Frieder Nagel trifft voll das Stimm-
ideal der Rockmusik und man meint man hat Rod Stewart vor sich stehen. Knut Maurer kann mit einer kräftigen, tenoralen Stimme aufweisen und mit einem nicht alltäglichen Tremelo. Er könnte auch besonders gut Stücke von Birthcontrol singen.
Gelungen war ebenso der von Knut Maurer komponierte „Backyard Blues", der mit einem treibenden Beat und jazzigen Breaks packend vorgetragen wurde oder die Version von Santanas „Black Magic Woman", bei der Orgelintro und Solo besonders ansprechend waren. Knut Maurer verfügt über alles, was ein guter Keyboarder haben muss. Er hat am Klavier einen sanften Anschlag bei Balladen, kann aber ebenso einen Rock´n Roll hämmern, dass es einem schwindelig wird und er versetzt die Stücke immer wieder mit filigranen Arpeggien. Seine Sounds und insbesondere sein fetter analoger Orgelklang geben den Songs Authenzitität. Die Soli sind durchdacht und arbeiten auf einen Höhepunkt hin. Außerdem bewegt er sich ständig hinter seinen Keyboards und versprüht dazu noch gute Laune. Man merkt, dass er die Musik lebt.
Im zweiten Set wird zunächst die Band vorgestellt. Da ist einmal der sicher und professionell spielende Schlagzeuger Rainer Hötzel, der vielen noch von Formula bekannt ist und der Bassist Wolfgang Franz, der auch schon eine Band mit Beggars Opera Sänger, Martin Griffith, hatte. Bass und Schlagzeug sind sehr dynamisch gespielt, harmonieren gut und fügen sich musikalisch in die Songs ein.
Der noch junge Gitarrist Daniel Schusterbauer bringt erstaunlich gut das Woodstock Feeling einer Generation vor ihm herüber. Er hat bereits alle Gitarrentechniken drauf und spielt seine Soli mit nicht alltäglichen Melodien. Ob Reggae- oder Jazzeinlagen, immer klingt sein Spiel gekonnt. Im Background liefert die Sängerin Reni Schwertner, übrigens die Schwester von Knut, sicher die zweiten oder dritten Stimmen und man hätte gern auch noch solistisch etwas von ihr gehört.
Höhepunkte sind in diesem Set die Ballade „Love Hurts" oder „Can´t Find My Way Home" von „Blind Faith" und ganz besonders „In A White Room" von „Cream." Alle Stücke sind konzertant gespielt und für ein Publikum gemacht, das nicht glaubt ein Konzert sei dann besonders gut, wenn möglichst viele mitgrölen.
Im dritten Set wagt sich Living In The Past an ein Stück, das nur versierten Musikern vorbehalten bleibt: Spectrum von Billy Cobham. Ein grooviger Basslauf, tolle Gitarrenriffs, interessante Soli mit Fender Rhodes Sound und Fusiongitarre und ein Schlagzeuggewitter am Ende machen diese Darbietung zum Highlight des Abends. Spontaner Szenenapplaus ist die Folge. Auch aus „Evil Ways" von Santana versteht es die Band, eine für das Publikum abwechslungsreiche Nummer zu machen, indem sie zwischendurch in den Swing abdriftet, wobei Gitarrist Daniel Schusterbauer die akademische Seite des Gitarrenspiels aufzeigt.
Als dann „Davy´s On The Road Again" erklingt, von Knut Maurer versetzt mit klassischen Zitaten, ist wohl jedem Zuhörer klar, was der besondere Reiz der Band ausmacht: Handwerkliches Können gepaart mit der Liebe zum Bluesrock und eine intelligente Bearbeitung des Musikmaterials. Bei so einer Musik, bei der zudem der Sound gut abgestimmt war, fällt es erst am Schluss auf, dass keine Lightshow vorhanden war. Zugaben waren natürlich zwingend. Sympathisch, dass die Band dazu den Gast Wolfgang Wernert auf die Bühne bittet. Er singt Lazy Sunday Afternoon und setzt dem Konzert noch ein Sahnehäubchen auf.
Heinz Reinlein