Asgard
1978
Peter Hermann, Georg Stindl, Michael Rüber, Heinz Reinlein, Dieter
Warias
Plakat von
1976, Copyright Dieter
Warias
History
Als
21-jähriger, junger Mann und stolzer Besitzer einer Hammondorgel ( Papa
hatte geholfen ) klopfte ich eines Tages im Jahre 1975 an der Tür eines
langhaarigen Gitarristen und stellte mich vor. Ich hatte von einigen Bekannten
gehört, Asgard sei die tollste Band in Karlsruhe und sie suchten einen
Keyboarder. Jürgen Häfele öffnete die Tür und ich sagte: „Hallo,
ich bin der Heinz und hab´ ne Hammond".
„Ne echte?, fragte Jürgen. Das konnte ich bestätigen und somit war ich
bei dem Trio aufgenommen. Das Trio bestand damals, neben Jürgen Häfele,
aus dem Schlagzeuger Georg Stindl und dem Bassisten Dieter Warias.
Proben war für mich angesagt, denn zwei Wochen später gab es den ersten
Auftritt bei einer Schulfeier im Helmholtz Gymnasium. Die drei hatten
sich eine vertrakte Musik ausgedacht und ich versuchte nun ein Arrangement
für die Orgel dazuzusetzen. Ich übte Tag und Nacht. Nach dem Auftritt
hieß es dann: „Jetzt machen wir ein neues Programm."
Es sollte neuartig, großartig werden und alles in den Schatten stellen,
was die damalige internationale Rockszene so produziert hatte. Wir waren
alle Yes- Fans, hörten viel Pink Floyd und Camel und dann hatte
es uns vor allem die Platte „Lamb Lies Down On Broadway" von Genesis angetan.
Es war klar, um diese Bands toppen zu können, bedurfte es besonderer Bedingungen.
Wir mieteten uns deshalb zusammen ein Haus mit großem Keller in
Jöhlingen. Das Haus bot noch Platz für einige Freundinnen und so war die
Grundlage geschaffen für kreatives Arbeiten. Jürgens Idee war es, ein
Gesamtkunstwerk zu schaffen, bei dem Musik, Text und Bühnenpräsentation
zu einer Einheit verschmelzen sollten. Als Student der Pädagogischen Hochschule
hatte ich die meiste Zeit, also hatte man mir das Komponieren aufgetragen.
Fürs Texten war Dieter Warias zuständig, der es schaffte, das was uns
damals alle bewegte, in eine mystische Geschichte um „Abraxas" zu schaffen,
einer Figur, die sich, angewidert vom Treiben der Menschheit, in ein Kokon
einspinnt und irgendwie ins Universum kommt, um dort auf bessere
Zeiten zu hoffen. Der Titel hieß „Shades Of Time". Mir war es damals
schon klar, dass sich die Grundprobleme der Menschheit wiederholen, deswegen
beschloss ich „Shades Of Time" als Rondo anzulegen. Ein Jahr lang arbeiteten
wir - unterbrochen von vielen Parties, die wir in unserer Kommune feierten
- und heraus kam ein Stück, das eine Stunde und zehn Minuten
dauerte. Für die visuelle Umsetzung war Georg Stindl zuständig. Er fotographierte,
retuschierte und stellte Bilder von Salvador Dali´ neben die seinen in
einer Diashow, für die ein Projektor natürlich nicht ausreichte. Drei
Projektoren mussten bei der Liveshow her, um per Bild Licht ins Dunkel
der Geschichte zu bringen. Sorgen machte uns noch der Ton. Die Yamaha
Gesangsboxen mit Styroporlautsprecher hatten beim ersten Gitarrenbrett
von Jürgen den Geist aufgegeben und so beschloss man einen gemeinsamen
Kredit aufzunehmen, um eine Anlage zu kaufen, wie sie Karlsruhe bis dahin
noch nicht gesehen hatte. Als eine der ersten Bands verfügten wir nun
über eine richtige PA mit riesigen Bassreflexboxen und Vitavox Hochtönern.
Am Mischpult saß Thomas Lacroix, der es sich nicht nehmen ließ, ebenso
wie unsere Roadies, bei jeder Probe dabeizusein. Das Keyboard Equipment
wurde noch um einen Minimoog, ein Fender Rhodes Piano und um Elka Strings
erweitert und so konnte dem ersten Auftritt im Jugendhaus Anne Frank in
der Moltkestraße nichts mehr im Wege stehen. Inzwischen hatte sich in
Karlsruhe herumgesprochen, dass da etwas Besonderes im Gange war und so
kam es, dass das Jugendhaus hoffnungslos überfüllt war. Manche versuchten
durch die Toilettenfenster einzubrechen, andere, ca. hundert an der Zahl,
hörten sich das Konzert in klirrender Kälte draußen vor den Fenstern an.
Soviel Erfolg stieg uns natürlich in den Kopf und bald bekamen wir Krach
mit Jürgen, der alsbald unserer Kommune und auch der Band den Rücken zukehrte.
Was folgte, war eine neue intensive Phase des Probens. Schließlich galt
es mit neuen Leuten ein Programm einzustudieren, für das es natürlich
keine Noten gab. Erstens hätte die sowieso kaum einer lesen können, zweitens
galt es damals als bürgerlich und konservativ, welche zu benutzen. Da
hätte man ja gleich in einem Beamtenorchester sitzen und sich dirigieren
lassen können. Um die Probezeit etwas abzukürzen beschloss Dieter, vom
Bass zur Gitarre zu wechseln - er kannte wenigsten die Melodien schon
. Den Bass übernahm Uwe Wallbaum und Wolfgang Gießler stieß als
Sänger hinzu. Die neuen Stücke sollten nun etwas kürzer ausfallen, nachdem
irgendjemandem aufgefallen war, dass ein Musikstück, das über eine Stunde
dauert, auf keine Schallplatte ging. Also versuchten wir unsere Phantasie
etwas zu beschränken. Heraus kamen Stücke von 15- bis 20minütiger Dauer,
die wir in der Oststadthalle bei einem Karlsruher Rockfestival vortragen
durften. Der Eintritt betrug 5-DM und mit dabei waren die Bands „Prisma,
Bernstein, Neuzeit und Shaggy Badge. " Dieses Event war übrigens
die Auftaktveranstaltung von das "Fest", das zukünftig
in der Günther- Klotz- Anlage stattfinden sollte. Wieder war unser
Konzert ein Erfolg, was uns veranlasste, es mit einer neuen Besetzung
auszuprobieren. Mein alter Freund Gerd Zeltmann aus Bad Herrenalb sollte
nun Basspart und Gesang übernehmen. Wieder probten wir lange. Wieder hatten
wir ein paar erfolgreiche Auftritte bei den Festivals der Region, bis
Gerd dann keine Lust mehr hatte. Jetzt sollte Dieter wieder Bass spielen,
Michael Rüber die Gitarre und das freigewordene Zimmer von Jürgen übernehmen
und als Sänger wurde der damals 18-jährige Sänger Peter Hermann verpflichtet.
Mit Michael und Peter kamen noch einmal hochkarätige und kreative
Köpfe ins Team, die die neuen Songs mit ihren Ideen bereicherten.
Inzwischen hatte sich der Musikgeschmack verändert. Jazzrock, Funk und
Reggae waren damals in. In unserem neuen Programm ließen wir die neuen
Elemente mit einfließen. Das erste Konzert mit neuer Besetzung fand in
der Uni statt. Tausend Leute kamen um eine Amateurrockband zu sehen. Was
folgte war eine Zeit des gemächlicheren Arbeitens. Wir bereiteten uns
nebenher auf unser Examen vor und väterliche Pflichten kamen auch noch
dazu. Trotzdem gab es einige legendäre Auftritte z.B. beim Unifest,
im Cafe Wien oder im Krokodilkeller. In Karlsruhe hatte Asgard immer ein
volles Haus.
1985 organisierte der Stadtjugendauschuss wieder ein gut besuchtes Festival
in der Oststadthalle. Dabei kamen wir zu der Erkenntnis,
dass sich nach zehn Jahren alles im Kreise drehte. Wir lösten Band
und Wohngemeinschaft auf und strebten neuen Ufern zu.
Heinz Reinlein
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