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COMBO
LATINO im Check
In am 31.3.2001
Wem geht zur Zeit die endlos lange Regenperiode nicht auf den Geist?
Abhilfe gibt´s da wenig. Entweder man fährt schnurstracks in den
Urlaub oder aber man besucht ein Konzert der Combo Latino und lässt
sich wenigstens akustisch Tropenfeeling vermitteln. Auch ein Ausflug
aus dem musikalischen Grau deutscher Radiosender wird gut tun.
Der ideale Ort dazu ist das Check
In, das mit seiner
Bar-Atmosphäre das richtige Ambiente für Afro-Kubanische Musik
liefert.
Die Vorfreude ist also groß und wenn man sich im gut besuchten Check
In umschaut, sieht
man viele Gleichgesinnte. Freunde hat sich die Combo Latino in den
letzten 25 Jahren seit ihrem Bestehen jede Menge gemacht.
Schließlich spielten sie in Karlsruhe lange Jahre auf jedem Fest
und in jedem Musiklokal. Auftritte in ganz Deutschland und im benachbarten
Ausland folgten. Auch im Fernsehen gab es mit der Karlsruher Latin
Band bereits ein Konzert, das an Sylvester 2000 ausgestrahlt wurde.
Die Diskographie wächst ebenfalls auf die inzwischen fünfte CD.
Sie ist bereits mit der kleineren Besetzung „Los Amigos" aufgenommen
und wird bald veröffentlicht werden.
Im Konzert kann die international besetzte Gruppe also auf viel
eigenes Material zurückgreifen.
Der Gründer der Band, Chico Jimenez, der vor 25 Jahren aus San Salvador
nach Deutschland kam, um ein „Studium generale" anzutreten
und wegen der Musik in Deutschland hängen geblieben ist,
begrüßt das Publikum auf spanisch. Die Band beginnt und sofort spürt
man den Zauber und die Kraft dieser Musik. Zwar wirkt die Band anfänglich
noch etwas eingefroren und introvertiert Sie wissen, dass sich das
im Laufe des Abends geben wird. Die Stücke beginnen meist mit Bläserriffs,
gespielt von Jörg Endisch am Saxophon und Götz Treptau an der Trompete.
Sie bringen die anspruchsvollen Melodien mit dem geforderten mittelamerikanischen,
pathetischen Vibrato stilecht herüber. Götz Treptau vertritt an
diesem Abend den Trompeter Carlos Negron, der als Soldat im Kosovo
seinen Dienst tun muss. Es gibt nicht viele Trompeter in der Region,
die diese schwierige Aufgabe, nämlich Salsa
Musik vom Blatt zu spielen, meistern. Spätestens beim dritten Stück
ist sein Spiel mit Jörg zu einer Einheit verschmolzen. Jörg Endisch
singt zudem kraftvoll im Wechsel mit Chico und dem Percussionisten
Enrique Leon aus Peru. Mit „shout und response" feuern sie
sich gegenseitig an und vereinen ihre Stimmen wieder in dreistimmigem
Gesang. Ein wichtiger Aspekt der Musik, nämlich die komplizierte
Rhythmik von Salsa, Merengue, Soca
oder Son zu liefern, ist Aufgabe des Schlagzeugers Ingmar Thönnesson
und des Percussionisten Enrique Leon. Sie bilden ein zusammengeschweißtes
Team, bei dem sich jeder auf den anderen verlassen kann, auch bei
den gewagtesten rhythmischen Ausflügen mit endlosen Synkopenketten.
Geschickt setzt Ingmar neben dem Schlagzeugspiel die Timbales ein,
um mit markanten Breaks zusätzliche Farbe in die Musik zu bringen.
Spielend beherrschen sie nicht nur, die für Europäer ungewohnte
extreme Betonung auf die Taktteile zwischen den Beats, sondern
auch die Feinheiten, die da noch dazwischen liegen und den Unterschied
ausmachen zwischen z.B. Musik aus Kuba oder einer benachbarten Insel.
Das Publikum nimmt´s zunächst gelassen. Es klingt eben alles so,
wie man es gewohnt ist. Dass es jedoch so klingt, bedarf es eines
jahrelangen Studiums und einer intensiven Auseinandersetzung mit
der Musik. Für Bassist Manfred Grötzinger ist es z.B. selbstverständlich
in die Karibik zu reisen, um sich vor Ort mit der Musik zu
befassen. Auf Kuba spielte er mit einheimischen Bands und es erfüllt
ihn mit Stolz, dort von den Salsa - Jazzern akzeptiert worden zu
sein. Auch Jörg Endisch lernte Spanisch, um die Texte authentisch
klingen zu lassen und Ingmar Thönnessen beschäftigte sich lange
zusätzlich mit Percussionsinstrumenten und gibt inzwischen
Unterricht in der Musikschule „Rhythmo" von Pedro Weiss.
Das zweite Set beginnt gleich furios. Jetzt treibt der Rhythmus,
die Bläser spielen in den Gesang hinein, Breaks von Congas und Schlagzeug
konkurrieren miteinander. Der Gesang wird atemloser und muss sich
darübersetzen. So entsteht musikalisches Leben. Die Leute schieben
Tische und Stühle zur Seite und beginnen zu tanzen, was das Zeug
hält. Band und Publikum heizen sich gegenseitig ein. Alle sind inzwischen
aufgetaut, überall wippt und wogt es und bald herrscht nahezu eine
tropische Hitze und Feuchtigkeit im Check In. Gut kann man
sich dazu das pulsierende Leben der Karibik vorstellen.
Das Konzert bleibt auf diesem Niveau, getanzt wird bis zum Ende.
Hörenswert sind bei einer der vielen Zugaben noch ein musikalisches
Streitgespräch zwischen Congas und Schlagzeug, sowie ein Solo von
Manfred Grötzinger, bei dem er viele Facetten seines Könnens aufzeigen
kann.
Heinz Reinlein
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